Scheins
About
Hallo Zusammen,hier ein kleiner Einblick, wie ich vor rund 30 Jahren DJ wurde und wie meine damalige Karriere verlaufen ist.
Als ich 1986 (mit 16) in Köln das erste Mal in eine Diskothek gegangen bin, war ich sofort von den bunten und flackernden Lichtern, dem Druck der hämmernden Bässe, den beiden sich drehenden Scheiben und dem Typ, der die Platten aufgelegt hat so beeindruckt, dass ich das auch unbedingt machen... Hallo Zusammen,
hier ein kleiner Einblick, wie ich vor rund 30 Jahren DJ wurde und wie meine damalige Karriere verlaufen ist.
Als ich 1986 (mit 16) in Köln das erste Mal in eine Diskothek gegangen bin, war ich sofort von den bunten und flackernden Lichtern, dem Druck der hämmernden Bässe, den beiden sich drehenden Scheiben und dem Typ, der die Platten aufgelegt hat so beeindruckt, dass ich das auch unbedingt machen wollte. So kam es wie es kommen sollte. Jeden Freitag und Samstag ging ich von dem Moment an in die Disco-Tempel meiner Stadt.
In meinem bevorzugten Teenie-Disco-Schuppen freundete ich mich mit dem DJ an und kurze Zeit später hing ich (lässig, wie ich auf die Welt wirken wollte) bei ihm hinterm DJ Pult ab.
Zugegeben, um dort als 16jähriger Junge stehen zu dürfen, gab ich ihm natürlich alle Drinks aus. Vermutlich wäre ich ihm ohne den ganzen Alk ziemlich auf den Zeiger gegangen ;-)
Nach einigen Wochen kam dann der Moment auf den ich insgeheim sehnsüchtig gewartet hatte. Der Meister der Plattenspieler musste aufgrund des Konsums von diversen Bacardi-Cola mal dringend wohin. Gleichzeitig hatte er es auf dem Weg zum WC auf ein Wesen des anderen Geschlechtes abgesehen.
Rollig, besoffen und mit Druck auf der Leitung sagte er mir die magischen Worte:
„MACH MAL MUSIK..........hicks...........ich geh mal die Schnalle da hinten angraben“
Der Moment war da…….ich war der DJ
Von dem Moment an, wurde es zum Ritual. Immer wenn er auf irgendeine Alte spitz wurde, durfte ich an den 1210ern ran……und das bereits mit 16. Damit ich nicht immer schon um Mitternacht den Laden verlassen musste, feierte ich an meinem 17. Geburtstag dort „ganz offiziell“ meinen 18., damit sich mein Platten-Meister auch nach Mitternacht uneingeschränkt um seine diversen Mädels kümmern konnte.
Seine mittlerweile regelmäßige stundenlange "glänzende" Abwesenheit hinter den Plattenspielern hat natürlich irgendwann der Geschäftsführer mitbekommen. Auch mitbekommen hat dieser, dass ich mich für so einen Rotzlöffel anscheinend gar nicht so schlecht angestellt habe. Den Gästen scheint es damals zumindest gefallen zu haben. Denn die Tanzfläche war die ganze Zeit rappelvoll.
Es vergingen einige Monate und eines Abends musste ich zum BigBoss ins Büro. Mit Schiss in der Hose bin ich also zu ihm rein. Er grinste mich breit an und bot mir den Job als DJ seines Tanz-Tempels an.
Jetzt hatte ich ein Problem…mein Alter….erst 17…Shit!!!
Glücklicherweise war der BigBoss nicht päpstlicher als der Papst und meinte nur: „Jut Jung, dann müsse mer halt noch bes zo dingem Jebotzdaach waade“ (Gut Junge, dann müssen wir halt noch bis zu Deinem Geburtstag warten).“
Es war ein wunderschöner Moment, als ich dann einige Monate später in einer Nacht von Freitag auf Samstag volljährig wurde und wie schon die letzten Monate immer um Punkt Mitternacht mit dem Mikro sagte....
„….Ich bitte ALLE Jugendlichen unter 18 Jahren JETZT die Disco zu verlassen…....Kommt gut nach hause....schlaft schön.......ob allein, oder zu zweit ist mir egal..................aber macht, dass Ihr raus kommt ;-)“
Es war ein offenes Geheimnis, dass ich in dem Moment selbst erst 18 wurde. Punkt Mitternacht standen Angestellten und Stammgäste applaudierend vor mir auf der Tanzfläche und sangen „Happy Birthday“. Gänsehaut pur, selbst heute noch, wenn ich dran denke.
Das war schon der Hammer. Aber noch geiler war dann der Feierabend in der gleichen Nacht. Denn da wurde „Mein Meister“ wegen seiner Sauferei und wegen der Mädels vom BigBoss rausgeworfen und ich mit sofortiger Wirkung der Herr der Plattenspieler.
Ich hatte es geschafft, ich war jetzt DJ in einer echten Diskothek.
So wurde ich an meinem 18. Geburtstag zum (heute sagt man glaube ich RESIDENT-)DJ einer Kölner Diskothek (durchlauf rund 2000 Gäste an einem guten Samstag), die seinerzeit im Untergeschoss einer Einkaufspassage neben der Oper war. Der Laden bestand aus drei Bereichen, eine Stimmungs-Bude (Schlager, Karneval und Co.), einem 60er Jahre Club (Rock N Roll) und einer „normalen“ Disco, in der ich mich dann fürs erste austoben durfte.
Damals war es für mich der geilste Schuppen überhaupt. Rückblickend betrachtet war es in Wirklichkeit jedoch eine runtergekommene Bruchbude mit nicht gerade tollem Publikum und auch die Gage war lausig. Das war mir damals aber alles egal, ich wollte nur in irgendeinem Laden die Platten auflegen.
Zu dem Zeitpunkt war ich noch in der Ausbildung und mein DJ Dasein beschränkte sich somit auf die Wochenend-Nächte. Mit abgeschlossener Ausbildung entschloss ich mich, zum Leidwesen meiner Eltern, nur noch Nachts zu arbeiten. In der Zwischenzeit hatte ich einige Kontakte geknüpft, so dass ich meine Tätigkeit hinter den Plattenspielern schnell ausbauen konnte und so zeitweise bis zu 6 Nächte in der Woche aufgelegt habe.
Die Spannbreite der Clubs reicht vom Zuhälter-Schuppen, dem ganz normalen Tanz-Tempel, diversen Techno-Clubs. bis zur Großraum-Party Fabrik. Zuerst habe ich nur im Raum Köln aufgelegt. Danach in Stuttgart, weil mein Kölner Laden eines Abends im laufenden Betrieb Feuer gefangen hat und abgebrannt ist. Das war der schlimmste Abend meines beruflichen DJ Lebens. Evakuierung von mehreren Hundert Leuten und ich musste die Durchsage machen...........möglichst so, dass es zu keiner Panik kommt. So was übt man nicht und ist auch nicht wirklich drauf vorbereitet. Und weil das nicht schon gereicht hat, war noch nicht mal ein Mikro zur Hand. Deshalb musste mein Kopfhörer als Mikro Ersatz umfunktioniert werden...........
Später (mit der aufkommenden Techno Bewegung) wurde ich ein Jahr in ganz Europa rumgereicht/vermittelt. Nach dem Jahr wollte ich dann aber wieder heim und so hab ich mir wieder einen festen Club in Köln und Umgebung gesucht.
Die Technoszene fand in Deutschland damals in erster Linie in Berlin, Frankfurt und Köln statt. Weil ich in Köln gut vernetzt war, habe ich seinerzeit viele der später sehr bekannten DJs kennen und teilweise auch schätzen gelernt.
Unter anderem Marcus Löffel (Künstlername Mark Spoon von Jam & Spoon) um exemplarisch nur einen zu nennen, der leider auch viel zu früh gestorben ist. Marcus war für mich ein Chaot im positiven Sinne, super kreativ und zugleich super verpeilt. Aber er war ein echt netter Kerl, wenn er einen mal hinter seine Fassade gelassen hat.
Während der Techno Zeit habe ich dann auch ein paar Platten selbst produziert und diverse Remixe für andere gemacht. Richtig reich bin ich damit nicht geworden, aber ein bisschen ist zum Glück noch übrig ;-)
Die Zeit war chaotisch und geil zugleich und wir haben sehr wilde und aus heutiger Sicht teilweise auch skurrile Partys gefeiert. Ich gehörte unter anderem zu den rund 200 Bekloppten, die auf dem Kudamm in Berlin an der ersten Love-Parade teilgenommen haben. Zugegeben, das behaupten so ziemlich alle, die irgendwann mal in den 90ern auf einer Rave waren. Aber das ist mir egal. In Erinnerung ist mir geblieben, dass ein sehr bekannter Berliner DJ, dessen Namen ich jetzt natürlich nicht nenne, mit irgendwelchem Zeug dabei so zu gedröhnt war, dass er sich nicht mal an seinen eigenen Namen erinnern konnte und im "OFF" rumstand ;-) FRIEDE, FREUDE, EIERKUCHEN hat ihm aber nachhaltig nicht geschadet.......er legt noch heute auf.
Da die Kölner Stadtverwaltung ein ernstzunehmendes Problem mit uns Techno-Jüngern und vor allem mit dem damit einhergehenden Drogen Konsum hatte, haben die Beamten der Club-Szene natürlich das Leben nicht gerade leicht gemacht. Es wurden Konzessionen von 5 Uhr auf 3 Uhr gekürzt, wie es z.B. der „SpaceClub“ erleben musste. Und wenn ich mich recht erinnere, wurde diese zum Schluss sogar nochmal auf 1 Uhr reduziert. Untragbar für eine angesagte Disko-Veranstaltung.
Das hatte zur Folge, dass das Party Volk auf die Clubs im Kölner Umland ausweichen mussten, die in der Regel dann so scheiße liefen, dass den Besitzern die Techno Bewegung gerade recht kam.
So sind unter anderem die AfterHour Party im damaligen Empire in Siegburg entstanden ;-)
Ich habe damals zeitweilig in einem sehr schönen Club in Leverkusen (normale Disco) aufgelegt, bei dem aber in der Regel schon gegen 3 Uhr die Luft raus war. Da der Laden bis 5 Uhr Konzession hatte und der Stadt Leverkusen es defakto egal war, wann die Bude zumachte, hab ich ein wenig Werbung in der Szene für mich und den Club gemacht. Denn zum einen war der Club (für die damalige Zeit) technisch vom feinsten ausgestattet (lag nur leider in Leverkusen und nicht in Köln) und zum anderen bekam ich dort neben dem Fixum zusätzlich Provision auf die pro-Kopf-Anzahl der zahlenden Gäste.
Meine Kalkulation ging auf. Nach ein paar Wochen standen nachts ab zwei - halb drei gut und gern im Schnitt rund 300 Techno Jünger vor der Tür, weil der Space Club ja bereits sehr früh in Köln schließen musste. Bei mir wurde dann bis 5 Uhr, oder auch was länger weitergefeiert und danach sind dann alle zur AfterHour nach Siegburg ins Empire weiter gezogen.
Geile Zeit………
Vertretungsweise war ich auch das ein oder andere Mal in den damals sehr modernen Großraumdiskotheken in Wesseling und Frechen. Aber in so großen Läden habe ich nie wirklich gern gearbeitet. Zugegeben, die Gagen waren anständig und die Technik der Wahnsinn, aber richtig Spaß hatte ich immer nur in den kleineren Clubs.
Meine hauptberufliche Zeit als DJ ging bis Mitte der 90er Jahre. Denn dann bekam ich ein Job-Angebot bei einem Rundfunksender. Da habe ich dann meine DJ Tätigkeiten wieder auf die Wochenenden eingeschränkt und zum Ende der 90er mehr oder weniger ganz drangegeben. Dafür rückte dann die eigene Musikproduktion etwas mehr in den Vordergrund.
Nach sehr aktiven und erlebnisreichen 12 Jahren hinter den 1210ern (bzw. zum Schluss auch dem Doppel-CD Player von DENON) war für mich erstmal Schluss. Mittlerweile suche ich mir meine Gigs aus, nutze dafür immer noch meine alten Kontakte und bin glücklich, hier und da feine, nette Partys in schönen Locations musikalisch zu betreuen.
Für mich spielt in dem Zusammenhang der finanzielle Aspekt keine Rolle mehr. Was jedoch nicht heißt, dass ich EUCH die Preise kaputt mache ;-)
Musik ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Auch wenn ich jetzt die Tracks in erster Linie nur noch fürs Auto zusammen mische.
Fasziniert bin ich mehr denn je von den technischen Möglichkeiten, die wir damals leider noch nicht hatten. Aber ich bin froh, dass ich Old-School mäßig gelernt habe...........weil einem dieses technische Verständnis auch in der digitalen Musik-Welt immer wieder weiter hilft.
Ableton Live finde ich ein sehr feines Spielzeug um mal einen eigenen Mashup oder einen Mix a la „Ben Liebrand’s Grandmixe“ aus dem Handgelenk zu schütteln.
Glücklicherweise habe ich beruflich rechtzeitig den Ausstieg geschafft, so dass ich finanziell nicht darauf angewiesen bin, mir was nebenbei verdienen zu müssen. Ich mache musikalisch echt nur noch das, worauf ich richtige Lust habe.
Einige, mit denen ich damals zusammen gearbeitet habe, hatten nicht das Glück und denen geht es leider heute nicht ganz so gut wie mir.
Ich bin dankbar für das was ich erleben durfte, denn ich war ein aktiver Teil der 90er und das kann mir keiner nehmen ;-)
Gruß
ScheinS
Music was my first love
And it'll be my last
Music of the future
And music of the past.
To live without my music
Would be impossible to do
In this world of troubles
My music pulls me through.
John Miles